Schlagwort: Agility

  • Tight-Loose-Tight

    Einer der aus meiner Sicht häufigsten Führungsfehler ist die Verkehrung des folgenden Führungsprinzips:

    Tight-Loose-Tight! ✊️✋️✊️ ✅

    Worum geht’s?❓️

    „Tight-Loose-Tight“ bezeichnet die zeitliche Abfolge von enger und loser Führung, auch im Rahmen von Delegation.

    Dieses Prinzip ist beheimatet in agilen Kontexten, wo Selbstorganisation gewollt und möglich ist.
    Doch es wirkt natürlich nicht nur da, sondern bedeutet für mich im Kern gute Führung, die in (fast) allen Situationen anwendbar ist.

    ✊️ Tight:
    Hier wird Klarheit geschaffen über die Rahmenbedingungen, die Erwartungen und die Zielsetzung. Leitplanken werden gesetzt.

    ✋️ Loose:
    Loslassen! Zutrauen! An dieser Stelle tritt die Selbstorganisation in Kraft. Je besser Schritt 1 war, desto besser (in der Regel) das, was in dieser Umsetzungs-Phase passiert.

    ✊️ Tight:
    Hier wird genau geschaut, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden. Hier geht man in den offenen Austausch. Welche Lehren werden daraus gezogen für die nächste Iteration? (Ihr merkt, das riecht nach Scrum!)

    Dieses Vorgehen hat viele positive Effekte: Entlastung der Führungskraft, Selbstwirksamkeitserleben bei den Geführten, nachhaltige Lerneffekte, …

    Jetzt das Paradoxe: Leider erlebe ich oft (vor allem in agilen Transformationen!) die Verkehrung ins Gegenteil. Hier regiert dann…

    Loose-Tight-Loose! ✋️✊️✋️❌

    Es wird zu Beginn also wenig bis keine Klarheit geschaffen, was oder wie etwas (nicht) zu tun ist. Die entstehende Unsicherheit und das potenzielle Chaos in der Umsetzung wird deshalb durch direkte Steuerung (Micromanagement!) „weggemanaged“. Am Ende bleibt dann – neben dem Frust bei allen Beteiligten aufgrund des oft schlechteren Ergebnisses und etwaiger Konflikte – Ratlosigkeit. Man beschäftigt sich nicht mit der Vergangenheit (etwa im Rahmen eines Inspect & Adapts oder gar Soll-Ist-Abgleichs) sondern wirft sich in den nächsten Brandherd. Naja gut, das „Soll“ wurde ja eh nicht richtig definiert. 🤷‍♂️

    Schade! Viel Potenzial, was da verschenkt wird. Es müssen aber auch einfach viele Dinge zusammenkommen, die ich selten erlebe. Der Unicorn-Moment🦄, quasi:

    Die Führungskraft muss sich klar darüber sein, was sie will. Sie muss sich Zeit dafür nehmen, selbst die Zielsetzung zu verstehen *und* adäquat zu vermitteln. Die psychologische Sicherheit muss vorhanden sein, loslassen zu können. Bei der Führungskraft, den Geführten und den Stakeholdern. Die Organisation muss Ungewissheit und Fehler aushalten können. Vor allem in Transformationen ist das schwierig, da vieles Bekannte wegfällt. Das Konzept muss hinreichend bekannt sein, … uff!

    ⁉️ Fallen euch noch mehr Dinge ein, die
    Loose-Tight-Loose ✋️✊️✋️ begünstigen? Oder besser noch, die dafür sorgen, dass wir doch das Einhorn 🦄 zu Gesicht bekommen? Ich bin gespannt.. Was sind eure Erfahrungen zu dem Konzept?

    Danke übrigens an Alexander Krause, er hat ein wunderbares Video dazu gemacht und erklärt es viel besser als ich – in unter 5 Minuten. Link ist in den Kommentaren.

  • Flughöhen nutzen: Das Flight Level Modell

    Die meisten agilen Transformationen enden als brennendes Wrack. 🔥
    Deshalb ist es wichtig, die Flight Levels im Auge zu behalten… ✈️

    Wer mich kennt, weiß: Ich bin kein Freund der meisten gängigen Frameworks: Zu eng, zu starr, zu kompliziert. Was bringt mir ein Framework, das keiner versteht (Hallo, SAFe!) oder sich nicht mit meiner unternehmerischen Realität vereinbaren lässt? Das sich lediglich auf Team-Effizienz fokussiert und damit gilt „Lokale Optimierung = keine Optimierung“, wenn das Bottleneck ganz wo anders sitzt? 🍾

    Deshalb schätze ich das „Flight Levels“ Modell von Klaus Leopold.
    Dabei wird der Blick geweitet und gleichzeitig Struktur gegeben. Auf drei Ebenen der Organisation, die für sich selbst gut aufgestellt sein und sinnvoll ineinandergreifen müssen:

    Strategie (Flight Level 3):
    „Richtige“ Strategiearbeit muss hier passieren, da sich alle weiteren Ebenen daran ausrichten:
    Wo wollen wir mit unserem Produktportfolio in drei Jahren stehen?
    Was können wir leisten, wie wollen wir den Markt bedienen?

    Portfoliomanagement (Flight Level 2):
    Spiegelung der laufenden und geplanten Initiativen auf die Strategie. Hier merkt man schnell: Vieles ist oft reiner Aktionismus. Daher: Schlanke Governance (etwa durch regelmäßige Portfolio-Syncs), um die Ressourcen zielgerichtet einzusetzen. Weglassen von Dingen, die null zum Strategieziel beitragen.

    Operative Umsetzung (Flight Level 1):
    Hier kommen die operativen Teams ins Spiel. Wird hier das „Work in Progress“ limitiert und dafür gesorgt, dass regelmäßig der Connect zur Portfolio-Ebene gecheckt wird, ist man auf einem guten Weg: Läuft das Projekt noch konform zur übergeordneten Vision?
    Der Vorteil: Die Teams spüren, dass ihr Input wirklich zählt, weil sie Teil eines durchgängigen und nachvollziehbaren (statt erratischen!) Systems sind – das steigert die Motivation enorm.

    Man erkennt:
    – Es gibt keinen Bruch zwischen Strategie, Koordination und Umsetzung. Ordentlich aufgesetzte Kommunikations- und Steuerungssysteme horizontal und vertikal sorgen dafür, dass die Strategie auch umgesetzt wird. Das passiert tatsächlich selten.

    – Es lassen sich weitere unterstützende Hilfsmittel integrieren, wo es sinnvoll ist. Etwa ein transparentes Kanban auf allen Ebenen, OKRs oder Scrum auf Teamebene. Funktioniert alles wunderbar, solange der Nutzen klar ist.


    💡Was lernt man daraus?

    Wer glaubt, Agilität auf die Team-Ebene zu beschränken, wird niemals die ganze Organisation in Bewegung bringen. Große Frameworks mögen zwar gut klingen, doch sie lassen oft Strategie- und Portfoliothemen außen vor oder erschlagen mit Bürokratie.

    Flight Levels sind für mich der Mittelweg: Fokussiert, pragmatisch und trotzdem ganzheitlich.
    Ich setze dieses Konzept seit Jahren ein, um Business Agility wirklich zu verankern – ohne starre Methoden-Korsetts, sondern mit Raum für individuelle Prozessgestaltung.

    💬 Was ist eure Erfahrung?
    Nutzt ihr Flight Levels bereits? Vielleicht sogar ohne das Framework zu kennen?

  • Taylor war kein Taylorist!

    Taylor war kein Taylorist!

    Warum wir nicht weniger, sondern *mehr* Scientific Management brauchen:

    In meinem letzten Beitrag habe ich dazu aufgerufen, zwischen Arbeit und Beschäftigung zu unterscheiden. Doch was ist mit all den Methoden und Prinzipien, die uns seit der Industrialisierung begleiten? Viele geprägt durch Frederick Winslow Taylor.

    „In the past, the man has been first; in the future, the system must be first.” – F. W. Taylor, 1911

    Der arme Taylor wird heute oft als „Vater des Menschen am Fließband“ verschrien. Dabei vergisst man leicht, dass er mit Scientific Management den Grundstein für durchdachte und effiziente Arbeitsweisen gelegt hat – kein dogmatisches Schema F, sondern das Streben nach dem besten Weg durch wissenschaftliches Vorgehen.💡

    Was Taylor wirklich wollte:
    Die Wertschöpfung steigern.

    Taylor prangerte schon 1911 an, dass wir unser menschliches Potenzial verschwenden. Er forderte, mit System auf das große Ganze zu schauen.

    Meine These: Sein Ziel war nie, Menschen zu Maschinen zu degradieren, sondern Methoden zu entwickeln, um Arbeitsschritte und deren Wirkung möglichst objektiv zu verstehen und zu verbessern. 📈

    Heute gibt es leider oft nur die Adaption der damaligen Erkenntnisse.
    So haben wir zwar Taylors Erkenntnisse aufgegriffen (z.B. Arbeitsabläufe zu optimieren), aber oft nicht die dahinterstehende Methodik verinnerlicht.

    Das resultiert in starren Vorgaben, eindimensionalen KPIs und blindem mechanistischem Denken – ein klassischer „-ismus“. Und das ist selten gut. 🤷‍♂️

    Das wiederum führt zu lokaler statt globaler Optimierung.
    Russell Ackoff sagte es bereits: Der Blick auf Einzelnes führt oft dazu, dass das Gesamtsystem leidet.
     
    Eric Ries schrieb in „The Lean Startup“, dass Taylor heute wohl schmunzeln würde, wenn er unsere „Wissenschaft“ im Management sähe.
    Wir glorifizieren heute wie damals Dinge wie Agile, Lean oder das MVP (Minimum Viable Product) als Gegenentwurf – häufig ohne deren eigentlichen Prinzipien zu verstehen. Daraus entsteht eine pseudowissenschaftliche Anwendung von Buzzwords – genau das, was auch bei Taylors Ideen schief lief.

    „Wir können uns nicht erlauben, dass unser Erfolg eine neue Pseudowissenschaft heranzüchtet.“ – Eric Ries
    … Ups! 🫢

    Fazit: Mehr Wissenschaft, weniger Dogma!

    Ob Taylor, Lean Startup, Scrum, Spotify-Modell oder sonstige Frameworks: Es geht nicht um den Namen, sondern um das kritische Denken, das *Warum* hinter den Methoden.

    Deshalb: Die Welt dreht sich weiter. Keine Methode bleibt ewig perfekt. Betrachtet die Dinge systemisch, im Kontext. Und passt sie an, wenn es notwendig ist.

    Wir brauchen also nicht weniger Taylor, sondern mehr Scientific Management. Um unsere Arbeit systematisch und kontinuierlich zu hinterfragen und verbessern. Und unsere Zeit gut zu nutzen.

  • Die Deutschen arbeiten zu wenig!

    Die Deutschen arbeiten zu wenig! 👨‍🔧👩‍🔧👩‍💻👨‍💻📉


    Je nachdem wie du tickst, regst du dich jetzt entweder furchtbar auf oder stimmst mir frenetisch zu. Beides halte ich für falsch. 🤷‍♂️

    Denn: Die Arbeitszeit spielt fast keine Rolle, sie sagt nämlich überhaupt nichts über die Wertschöpfung aus. Schonmal was von „Bullshit-Jobs“¹ gehört?

    Lasst uns hier endlich mal unterscheiden zwischen „Arbeit“ und „Beschäftigung“².
    Viele lieben es, beschäftigt oder ✨️busy✨️ zu sein. Und dabei nichts zu schaffen, was wirklich einen Wert generiert.

    Beispiele:
    🕑 Die Kultur in vielen (v.a.) großen Unternehmen, sich von 8-17 Uhr die Hintern in oft inhaltsleeren Meetings plattzusitzen. Gerade im oberen Managementkreis gehört es zum guten Ton, da immer noch *mindestens* 2-3 Stunden dranzuhängen.👎
    Warum das abseits von Ausnahmen völlig unsinnig ist, erkläre ich in einem zukünftigen Post.
    Für’s Erste verweise ich gern auf Parkinson’s Law³.

    🕑 Vor allem unser Staat ist (leider) großartig im Zeitverschwenden. Beschäftigung durchgespielt, quasi.

    Etwa das Jobcenter: Die Anordnung unsinniger Maßnahmen oder angeordneter Bewerbungen (bei mir damals nur Burger King, McDonalds und andere Systemgastronomie als studierter Informatiker). Hashtag#Fachkräftemangel

    Beim Umzug nach Hannover musste meine Frau trotz bereits gesichertem Folgejob durch 20 Reifen springen. So *musste* sie sich arbeitssuchend melden. Völlig unsinnig in dem Fall. 🤡

    Manuelle, analoge und vor allem redundante Prozesse verschwendeten ihre Zeit und jene der Mitarbeiterin im Job Center.
    Beispiele hierfür gibt es dutzende.

    Wird eine konsequente und clevere Umstellung bei den Behörden wirklich angegangen? Nö. ❌️

    Also immer nur mehr Arbeitszeit zu fordern (Hallo Friedrich Merz, Dr. Markus Söder, IW-Direktor Michael Hüther und co.) ist also nicht nur polemisch, sondern zeigt auch ein völliges (und damit schädliches) Unverständnis der eigentlichen Problematik.

    Das ist fast so, als würde sich ein Politiker lieber um Grünen-Bashing auf X kümmern und sich mit Essen ablichten lassen, als sich wirklich um unsere zahlreichen politischen Probleme zu kümmern. Da lässt sich natürlich einfach die sechs Tage Woche fordern⁴. Hashtag#SöderIsst

    Das ist übrigens die selbe unsinnige Debatte wie die Forderung um Hashtag#RTO, Return to Office. Es sollte um Leistung gehen, die wirklich etwas bewirkt, wie etwa Cawa Younosi schon lange erkannt hat. Hashtag#MovingTheNeedle

    Die Herren im Bild und ich, wir sind uns also einig. Allerdings ganz anders, als es auf den ersten Blick scheint. Denn Arbeit muss sich *wirklich* lohnen. Für die Arbeitenden, das Unternehmen und die Gesellschaft.

    Deshalb wünsche ich uns allen für 2025 weniger Polemik und Dogmen, sondern Gesundheit, Glück und vor allem – Hashtag#mehrArbeit.


    Bildquelle: Stern, CSU Parteitag

  • Agilität? Nein danke 🙂

    (Un?)popular opinion: „Agilität“ und insbesondere „Agile Transformationen“ sind furchtbar. Die meisten Agile Coaches und Scrum Master kann ich nicht mehr sehen.

    Okay, zugegeben, das ist plakativ und überspitzt formuliert. Ich will jetzt auch gar nicht das „Agile is dead“ Fass aufmachen (ist es ja schon.. 🙃).
    Aber ich möchte einfach mal teilen, was so in mir vorgeht. Vor allem, da mein Denken und Wirken sehr stark durch Agilität als grundlegende Philosophie geprägt ist.

    Mittlerweile ist der Begriff der Agilität so verbrannt (und ironischerweise gleichzeitig verwässert!), dass sich keine zwei Menschen einig sind, was im Kern drin steckt. Deshalb nutze ich ihn kaum noch.

    Aus meiner Sicht trifft es die „empirische Prozesskontrolle“ am besten. Möglichst viel Wert schaffen durch frühes Feedback und Anpassung. That’s it. Alles, was sich da sonst so reingemogelt hat: New Work, Selbstorganisation (und Abkehr von Hierarchien!), Achtsamkeit, psychologische Sicherheit, Lean, … können dabei helfen, aber nicht zusammengewurstelt, weil es irgendwo steht. Es wird 0 differenziert und überhaupt ist alles nur Selbstzweck.

    Das Verrückte: Diese Mainstream „Agilität“ (mit der sich wunderbar Geld verdienen lässt, nur leider meist nicht in den Unternehmen, die dies auf ihre Organisation überstülpen..) ist selbst überhaupt nicht anpassungsfähig. Sondern dogmatisch und lebt von Frameworks.

    Als ich einmal auf die Frage, was „Agilität“ sei, die Antwort eines „Agile Coaches“ in einem Forum las, wusste ich, wir sind verloren: „Die Nutzung agiler Frameworks wie Kanban, Scrum oder SAFe“. 🫠

    Bei diesen armen Menschen handelt es sich um Verkäufer bereits abgefüllten Schlangenöls, ohne dass es ihnen bewusst ist. Dennoch: Kein Grund für mich, das zu akzeptieren. Denn Agilität ist super, aber bitte nur holistisch betrachtet, als Teil des Ganzen. Und bitte ausgerichtet am Markt statt interner Selbstbeschäftigung. Danke. :*