Kategorie: Organisationsentwicklung

  • Taylor war kein Taylorist!

    Taylor war kein Taylorist!

    Warum wir nicht weniger, sondern *mehr* Scientific Management brauchen:

    In meinem letzten Beitrag habe ich dazu aufgerufen, zwischen Arbeit und Beschäftigung zu unterscheiden. Doch was ist mit all den Methoden und Prinzipien, die uns seit der Industrialisierung begleiten? Viele geprägt durch Frederick Winslow Taylor.

    „In the past, the man has been first; in the future, the system must be first.” – F. W. Taylor, 1911

    Der arme Taylor wird heute oft als „Vater des Menschen am Fließband“ verschrien. Dabei vergisst man leicht, dass er mit Scientific Management den Grundstein für durchdachte und effiziente Arbeitsweisen gelegt hat – kein dogmatisches Schema F, sondern das Streben nach dem besten Weg durch wissenschaftliches Vorgehen.💡

    Was Taylor wirklich wollte:
    Die Wertschöpfung steigern.

    Taylor prangerte schon 1911 an, dass wir unser menschliches Potenzial verschwenden. Er forderte, mit System auf das große Ganze zu schauen.

    Meine These: Sein Ziel war nie, Menschen zu Maschinen zu degradieren, sondern Methoden zu entwickeln, um Arbeitsschritte und deren Wirkung möglichst objektiv zu verstehen und zu verbessern. 📈

    Heute gibt es leider oft nur die Adaption der damaligen Erkenntnisse.
    So haben wir zwar Taylors Erkenntnisse aufgegriffen (z.B. Arbeitsabläufe zu optimieren), aber oft nicht die dahinterstehende Methodik verinnerlicht.

    Das resultiert in starren Vorgaben, eindimensionalen KPIs und blindem mechanistischem Denken – ein klassischer „-ismus“. Und das ist selten gut. 🤷‍♂️

    Das wiederum führt zu lokaler statt globaler Optimierung.
    Russell Ackoff sagte es bereits: Der Blick auf Einzelnes führt oft dazu, dass das Gesamtsystem leidet.
     
    Eric Ries schrieb in „The Lean Startup“, dass Taylor heute wohl schmunzeln würde, wenn er unsere „Wissenschaft“ im Management sähe.
    Wir glorifizieren heute wie damals Dinge wie Agile, Lean oder das MVP (Minimum Viable Product) als Gegenentwurf – häufig ohne deren eigentlichen Prinzipien zu verstehen. Daraus entsteht eine pseudowissenschaftliche Anwendung von Buzzwords – genau das, was auch bei Taylors Ideen schief lief.

    „Wir können uns nicht erlauben, dass unser Erfolg eine neue Pseudowissenschaft heranzüchtet.“ – Eric Ries
    … Ups! 🫢

    Fazit: Mehr Wissenschaft, weniger Dogma!

    Ob Taylor, Lean Startup, Scrum, Spotify-Modell oder sonstige Frameworks: Es geht nicht um den Namen, sondern um das kritische Denken, das *Warum* hinter den Methoden.

    Deshalb: Die Welt dreht sich weiter. Keine Methode bleibt ewig perfekt. Betrachtet die Dinge systemisch, im Kontext. Und passt sie an, wenn es notwendig ist.

    Wir brauchen also nicht weniger Taylor, sondern mehr Scientific Management. Um unsere Arbeit systematisch und kontinuierlich zu hinterfragen und verbessern. Und unsere Zeit gut zu nutzen.

  • Struktur oder Kultur?

    Was kommt zuerst, Struktur oder Kultur? 🥚🐔

    Wer meinen Post zum integralen Modell gesehen hat, weiß: Beides stimmt. Es handelt sich um einen Kreislauf. 🔄️

    Wie versprochen hier daher Nummer 5️⃣ von Larman’s Gesetzen des Organisationsverhaltens:

    „In kleineren, noch jungen Organisationen folgt die Struktur der Kultur.
    In größeren, reiferen Organisationen gilt: Die Kultur folgt der Struktur.“

    Folgt man dem Modell von Sonja Sackmann (s. Bild 2 im Reel), so erkennt man, dass sich in jungen Organisationen das Wesen der Gründer:innen auf die Organisation überträgt. Damit auch die Art, Probleme zu lösen. 🧠

    Vieles geschieht zum ersten Mal, etablierte Prozesse gibt es kaum. Hier ist vor allem das Verhalten das prägende Element.
    Der Kulturkern manifestiert sich dann in gewissen formalen Strukturen. Entsprechend folgt hier die Struktur der Kultur. 🥚➡️🐔

    Werden nun in der Organisation weitere Erfahrungen gemacht und die Vorgehensweisen angepasst, bildet sich über die Zeit ein Kulturnetzwerk. Diese werden ebenfalls kodifiziert und sind damit als struktureller Rahmen wiederum handlungsleitend.
    Die Kultur, als informeller Schatten erfolgreichen Verhaltens, folgt der Struktur. 🐔➡️🥚

    Das im Kopf zu haben hilft mir sehr häufig. Insbesondere dabei, zu verstehen, warum eine Organisationen auf eine bestimmte Weise „tickt“ und wo die Hebel liegen für erfolgreichen Change. 🕵️‍♂️

    Übrigens: Gerade aufgrund der Tatsache, dass beides – Kultur und Struktur – nicht einfach vom Himmel fallen, sondern sich in Wechselwirkung entfalten, ist es immer gut einen Blick auf die Historie der Organisation zu werfen. Auch heutiges dysfunktionales Verhalten war mal nützlich, sonst wäre es nicht da.

    Larman’s Laws, v.a. Nummer 5: Für mich ein absoluter Gamechanger. Danke Alexander Jasch für den Hinweis darauf.

  • Wenn der Hund auf die Wurst aufpasst

    Fake statt Veränderung?! Wenn der Hund auf die Wurst aufpasst. 🌭🐕

    Heute: Ein Crashkurs zu Larman’s Gesetzen des Organisationsverhaltens 🧠🔛

    Es gibt ja unfassbar viele Organisationen, die stoisch durch eine Transformation nach der anderen gehen. Und doch ändert sich.. nix. Außer vielleicht die Rollen- und Strukturbezeichnungen.

    Der Klassiker: Projektleiter werden zu Product Ownern und disziplinarische Führungskräfte zu Scrum Mastern. Dazu die operativen Einheiten ein bisschen durchschütteln und zack ✨️ – alles wie vorher. 😄

    Noch viel häufiger werden einfach nur die Kästchen im Organigramm neu gemalt und Menschen hin- und hergeschoben. Auch da (wenig überraschend): 0 Veränderung. 🤷‍♂️

    Craig Larman, der „Erfinder“ von LeSS hat das Muster erkannt und 5 Gesetzmäßigkeiten daraus abgeleitet (s. Kommentar 1).

    Zusammengefasst lauten die ersten 4 in etwa:
    Organisationen sind darauf optimiert, bestehende Machtpositionen und -strukturen aufrecht zu erhalten.
    Die Folge ist das klassische Change Theater (🎭), bei dem der Status Quo gestützt und echte Veränderung als nicht praktikabel abgetan wird. In dem Fall passt der Hund eben selbst auf die Wurscht auf. 🐶🌭
    Übrigens bewusst *und* unbewusst.

    Das ist einer der Gründe, weshalb „echte“ Veränderung von innen so schwierig ist. Auch wenn man es – eigentlich – ernst meint.

    [Hier wie immer der Disclaimer: Es ist komplex und Larman’s Theorie nur eine Möglichkeit, warum (geplante / notwendige) Veränderungen ggf. in die Binsen gehen.]

    ⁉️ Was ist eure Meinung dazu?

    PS: Nächste Woche kommt nochmal Larman, aber mit Gesetz Nummer 5.

  • Alles oder nix: Das integrale Modell

    Salut ihr Lieben! Nachdem ich mich letzte Woche über die Verschwurbelung von „Agilität“ ausgelassen habe, möchte ich heute ins Change Management einsteigen.

    Es gibt hier ja häufig zwei (dem Anschein nach 🙄) gegensätzliche Seiten, in Bezug auf die Herleitung der aktuellen Situation und möglicher Maßnahmen:

    Die „Mensch & Mindset“ Fraktion, die alles im Menschen 🤷‍♂️ verortet und die „System“ Fraktion, die mir zu häufig alles nur im Außen 🏢 verortet (und dabei häufig verkennt, dass Menschen ja selbst Systeme sind 🤭).

    Denkt man also wirklich systemisch (d.h. den Menschen mit): Alles super. Ist dann auch nicht so übergriffig, wie die Versuche, irgendwem etwas anzuerziehen.

    Jetzt aber der Kicker: Wer ist denn in der Lage, Strukturen zu verändern? In der Regel ja Menschen mit formaler Macht. Da ist das Denken und Fühlen als Ausgangspunkt für’s Handeln schon sehr (ge)wichtig.

    Und hier kommt der integrale Ansatz nach Ken Wilber ins Spiel: Die vier Quadranten (s. Schaubild) hängen voneinander ab und beeinflussen sich gegenseitig. Das heißt, dass man als professionelle:r Change Manager:in die Wechselwirkungen im Kopf haben sollte, um wirklich wirksam werden und unerwünschte Nebenwirkungen zumindest antizipieren zu können.

    📢 … so ein komplexes Modell mit so wenigen Zeichen darlegen? Unmöglich. Deshalb lasst uns die Deep Dives wieder in die Kommentare bringen.

    ⁉ Kennt ihr das Modell bereits? Und so oder so: Geht ihr da mit?

    Danke übrigens Alexander Jasch für die erste Berührungspunkte mit dem Modell, gerade im Workshop-Kontext war das super. Und Dagmar Terbeznik, danke für’s mentale Aufwärmen bei unserem letzten gemeinsamen Lean Coffee. ☕